Um bio-bibliografische Angaben zu erschließen, sichten wir systematisch die Paratexte von Anthologien, insbesondere deren Autorenverzeichnisse. Häufig finden sich hier Angaben zu Leben und Werk der an der Anthologie beteiligten Autor*innen. In einigen Fällen finden wir auch noch mehr, so wie in der von Rainer Kirsch und Manfred Wolter 1972 im Aufbau-Verlag herausgegebenen Anthologie „Olympische Spiele. Gedichte.” Hier erfahren wir kuriose Details über die sportlichen Vorlieben und Erfolge der Dichter*innen.
In ihrer Nachbemerkung schreiben die beiden Herausgeber:
„Möchten die Sportler, die ihre Disziplin vermissen oder unzulänglich vertreten sehen, auch die biografischen Notizen lesen, in denen aufgeführt ist, welchen Sport die Autoren selbst treiben und welchem sie mit Vorliebe zusehen – und dann den einen oder anderen, ihnen geeignet Scheinenden in ihre Gemeinschaft laden, zum Nutzen der Poesie und des Sports, damit er auch ihnen ein Gedicht schreibt!“
Rainer Kirsch; Manfred Wolter: Nachbemerkung, in: Olympische Spiele. Gedichte. Herausgegeben und mit einer Nachbemerkung von Rainer Kirsch und Manfred Wolter. Berlin; Weimar 1972, S. 139f., hier: S. 140.
Einige Auszüge aus den „biografischen Notizen“:
Ulrich Berkes: „Als Junge wollte ich Langstreckenläufer werden, ich bin nur Dichter geworden, was aber eine gewisse Ähnlichkeit zum Langstreckenlauf hat. Manchmal schwimme ich noch.“
Thomas Brasch: „100 Meter: 11,2 Sekunden (Jugend B); Hochsprung: 1,80 Meter (Jugend A); Boxen: 22 Kämpfe, davon vier unentschieden (Männer).“
Elke Erb: Elke Erb treibt weder Sport noch sieht sie welchen an.
Jens Gerlach: „Die Frage nach meiner gegenwärtigen sportlichen Betätigung finde ich zwar unziemlich indiskret und angesichts meiner ehemals jugendzeitlichen Aktivitäten als Boxer (Mittelgewicht, nicht ohne Erfolge), Segler, Mittel- und Langstreckenläufer, Rallyefahrer, Tischtennisspieler, Schlittschuhläufer und Sportangler sogar peinlich, aber immerhin: trotz angeschlagener Gesundheit bin ich nach wie vor leidenschaftlicher Angler (sinnierend stippend auf Plötze und Rotfeder, mit Bodenblei und tauwurmbestücktem Haken auf Aal, vor allem aber weniger gemütlich mit der Spinnangel auf Barsch und Hecht), ein nicht ganz so leidenschaftlicher Ruderer (aber das gehört nun mal zur Angelei), ein leidlicher Tischtennisspieler (kein Ping-pong, bitte!) und ein etwas behäbiger, aber doch noch sportlicher Autofahrer. Außerdem spiele ich hin und wieder sehr mäßig Billard, tobe mit meinen Kindern herum und bin sehr glücklich verheiratet – das ist, glaube ich, genug Sport für einen Fünfundvierzigjährigen mit leichtem Herzknacks.“
Karl-Heinz Jacobs: „Bei allen Sportarten, die ich bisher betrieb, bin ich gescheitert. Tennis, weil die Spielfelder für mich zu klein sind; Radfahren, weil es neue Luftpumpen nicht zu kaufen gibt; Reiten, weil die Pferde so hoch sind. Sportarten, die ich zur Zeit mit Erfolg betreibe, sind Gartenumgraben, Kelleraufräumen, Holzhacken und Rasenmähen.“
Sarah Kirsch fährt sommers Rad, läuft winters Schlittschuh und sieht sich gern Pferderennen an.
Inge Könau: „Verspielt haben: Basketball (Korb-Würfe) und Winter-Schwimmen. Am Ball bleiben: Schnelligkeit (Einkaufskorb-Tragen) und Sommer-Schwimmen.“
Günter Kunert: „Mein Sport ist eine Abart des Wintersports: das beidarmige Kohlenschleppen. Aus dem Keller über den Hof und vier Treppen hinauf, links einen halben Zentner, rechts einen halben Zentner, lerchenhaft jubilierend: obwohl Eigentümer eines Einfamilienhauses mit Zentralheizung in Berlin-Buch, bleibe ich nur wegen der kachelofenwärmenden Disziplin in Treptow wohnen, befeuert oder auch bloß befallen vom wahren olympischen Geist.“
Richard Leising: Leising spart auf ein Fahrrad und sieht gern Fußball.
Reinhard Weisbach: „Sport 1970/71: 4 Std. Schwimmen; 6 Std. Federball; 30 Std. Fahrrad; 50 Std. Sauna; 400 Std. Auto.“
Zum Weiterlesen:
Anthologie_Olympische-Spiele_Aufbau-Verlag-1972