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Archiv des Autors: Ira Klinkenbusch

Digitalisierte Sammlung von Abschlussarbeiten des Literaturinstituts „Johannes R. Becher“

In unserem Pilotprojekt (2019-2022) erheben wir bio-bibliografische Daten zu den rund 350 Direkt-Studierenden des Literaturinstituts “Johannes R. Becher” in Leipzig. Das Literaturinstitut war zur Zeit seines Bestehens 1955–1993 die einzige akademische Ausbildungsinstitution für Autor*innen im deutschsprachigen Raum und eine der zentralen Institutionen im literarischen Feld der DDR.

Über das Landesdigitalisierungsprogramm für Wissenschaft und Kultur des Freistaates Sachsen (Sachsen.digital) wurde eine Sammlung von 106 Abschlussarbeiten, die von Studierenden am Institut eingereicht wurden, öffentlich zugänglich gemacht:

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Kurzporträt: Katja Lange-Müller

Katja Lange-Müller, geboren 1951 in Berlin, studierte von 1979 bis 1982 am Institut für Literatur „Johannes R. Becher“. Obwohl sie mit 16 Jahren wegen „unsozialistischen Verhaltens“ ohne Abitur von der Schule verwiesen worden war und 1976 zu den Unterzeichner*innen der Petition gegen die Biermann-Ausbürgerung gehörte, wurde sie – gegen den expliziten Einspruch der Leiterin der Abteilung Kultur des Zentralkomitees (ZK) der SED, Ursula Ragwitz[1]Isabelle Lehn; Sascha Macht; Katja Stopka: Schreiben lernen im Sozialismus. Das Institut für Literatur Johannes R. Becher. Göttingen 2018, S. 507. – zum Studium zugelassen. Die ausgebildete Schriftsetzerin, deren Mutter Inge Lange Mitglied des ZK der SED und Kandidatin des Politbüros war, hatte zuvor in ihrem Beruf und als Umbruchredakteurin gearbeitet und war mehrere Jahre Pflegerin in der Psychiatrie gewesen. Zur Immatrikulation am Literaturinstitut kam es durch ihren Namenswechsel. In Katja Müller (verheiratet mit Wolfgang Müller, dem Bruder Heiner Müllers) erkannten Kaderleitung und Sicherheitsorgane die Tochter der hohen SED-Funktionärin nicht. Der Namenswechsel ließ die Immatrikulation bis zu der Phase fortschreiten, dass sie nur unter peinlichem Skandal rückgängig zu machen gewesen wäre.[2]Vgl. Johannes Nichelmann: Portrait einer Schriftstellerin: Die autonome Republik Katja Lange-Müller. … Continue reading

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References

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1 Isabelle Lehn; Sascha Macht; Katja Stopka: Schreiben lernen im Sozialismus. Das Institut für Literatur Johannes R. Becher. Göttingen 2018, S. 507.
2 Vgl. Johannes Nichelmann: Portrait einer Schriftstellerin: Die autonome Republik Katja Lange-Müller. https://www1.wdr.de/radio/wdr3/programm/sendungen/wdr3-kulturfeature/schriftstellerin-katjalange-mueller-100.html – Minute 35-38.

Kurzporträt: Kerstin Hensel

Kerstin Hensel, geboren 1961 in Karl-Marx-Stadt (bis 1953 Chemnitz), studierte von 1983 bis 1985 am Institut für Literatur „Johannes R. Becher“, zunächst im Fern-, dann im Direktstudium. Die bei Studienbeginn erst 22-Jährige und damit jüngste Studentin in der Geschichte des Instituts hatte zuvor als chirurgische Schwester gearbeitet. Sie stammte aus einer Arbeiterfamilie und hatte Gedichte an die „Poetensprechstunde“, eine Rubrik der Zeitung „Junge Welt“, geschickt, woraufhin die junge Frau an den Zirkel Schreibender Arbeiter im Karl-Marx-Städter Werkzeugmaschinenkombinat Fritz Heckert verwiesen worden war. Dessen Leiterin Gabriele Berthel (selbst von 1981 bis 1984 Fernstudentin am Literaturinstitut) ermutigte sie zur Bewerbung. Für Hensel eröffnete sich damit ein Weg, auch ohne Abitur ein Studium aufnehmen zu können, als erste ihrer Familie.

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Projektpräsentation von Luisa Philipp beim DHSI 2021

© Luisa Philipp, Jörn Kreutel, Berliner Hochschule für Technik

Die Projektmitarbeiterin Luisa Philipp stellte unser Forschungsprojekt im Rahmen des Digital Humanities Summer Institute 2021 vor.

„Nein, schreiben habe ich dort nicht gelernt.“ Angela Krauß im Gespräch mit Astrid Köhler über ihr Studium am Literaturinstitut

Angela Krauß 1984. Foto von Barbara Morgenstern. Quelle: SLUB / Deutsche Fotothek

Astrid Köhler: Als Teil Ihrer künstlerischen Ausbildung haben Sie drei Jahre am damaligen Literaturinstitut Johannes R. Becher in Leipzig studiert. Was war das für eine Schule?

Angela Krauß: Sie hieß auch „kleinste Hochschule der Welt“. Sie war vom Status anderen Kunsthochschulen gleichgestellt. In der grünen Villa in der Tauchnitzstraße in Leipzig studierten 13 Studenten drei Jahre lang. Wir waren in meinem Kurs zwischen 26 und 48 Jahre alt. Alle hatten eine abgeschlossene Berufsausbildung, das war Bedingung, alle hatten Erfahrungen mit einem Berufsleben und einen oder mehreren Familienleben. Also: Sie wußten, was Leben ist. Und sie hatten Erfahrungen damit, wie in diesem Alltag konträre Bestrebung wie das Schreiben unterzubringen, durchzusetzen ist. Nämlich unter Zugeständnissen, Opfern, Zerrissenheit persönlicher und auch politischer Art. Wer es bis zu diesem Studium gebracht hatte, war also schon Jahre vorher bereit gewesen, dies alles zu akzeptieren. Daß dieses Studium mit einem Hochschulabschluss endete, jedoch für das weitere Schreiben oder gar für den Schriftstellerberuf keinerlei Garantie bot, verstand sich von selbst. Es gehört zum Gesamtwagnis einer Künstlerexistenz dazu. Eine Schule ist dabei eine Selbstprüfung unter vielen anderen, mehr nicht.

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