Angela Krauß, geboren 1950 in Chemnitz, studierte von 1977 bis 1979 am Institut für Literatur „Johannes R. Becher“. Die 26-Jährige hatte vor ihrer Aufnahme ans Literaturinstitut Werbeökonomie an der Fachschule für Werbung und Gestaltung Berlin studiert und am Literaturinstitut vom Fern- ins Direktstudium wechseln können. Das Leben ihres Vaters, eines leitenden Funktionärs im Uranbergbau, stellte sie ins Zentrum ihrer 1988 mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichneten Erzählung „Der Dienst“ (1990).[1]Dass es 1988 möglich war, als in der DDR lebende Ostdeutsche an diesem Wettbewerb teilzunehmen, ist ein interessantes Detail der Literaturgeschichte der Ost-West-Beziehungen über die Mauer hinweg. … Continue reading
Aus dem sechs- bis achtwöchigen obligatorischen jährlichen Praktikum im VEB Braunkohlenwerk Regis-Breitingen ging nicht nur ihre 1979 als Abschlussarbeit eingereichte Erzählung „Frühschicht“,[2]Angela Krauß: Frühschicht. Abschlussarbeit am Literaturinstitut, eingereicht 1979 (unveröff., o.O.), in: Isabelle Lehn; Sascha Macht; Katja Stopka: Schreiben lernen im Sozialismus. Das Institut … Continue reading sondern auch ihr bedeutender Prosatext „Das Vergnügen“ (1984) hervor.
Im Rückblick 1991 sprach sie der „Sächsischen Zeitung“ gegenüber davon, sie habe das Institut 1977 bis 1979 als einen geschützten Raum, eine Art „Exterritorium auf dem Gebiet der DDR“ erfahren.[3]Angela Krauß: Eine Art Exterritorium auf dem Gebiet der DDR, in: Sächsische Zeitung 14/46, 17.1.1991, S. 7. Zitiert nach Isabelle Lehn; Sascha Macht; Katja Stopka: Schreiben lernen im Sozialismus. … Continue reading Das Institut war im Dezember 1990 von der sächsischen Landesregierung als vermeintlich politisch obsolet abgewickelt worden. Es wurde nach vehementer Intervention des Absolventen Erich Loest sowie Hans Mayers, Walter Jens’ und des PEN im April 1995 als „Deutsches Literaturinstitut Leipzig“ neu gegründet.
Von Birgit Dahlke
References
↑1 | Dass es 1988 möglich war, als in der DDR lebende Ostdeutsche an diesem Wettbewerb teilzunehmen, ist ein interessantes Detail der Literaturgeschichte der Ost-West-Beziehungen über die Mauer hinweg. Zwischen 1986 und 1989 gab es vier aus der DDR stammende Gewinner*innen des Bachmann-Preises. Außer Angela Krauß waren dies Katja Lange-Müller, Uwe Saeger und Wolfgang Hilbig. Ulrich Plenzdorf hatte ihn 1978 erhalten. |
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↑2 | Angela Krauß: Frühschicht. Abschlussarbeit am Literaturinstitut, eingereicht 1979 (unveröff., o.O.), in: Isabelle Lehn; Sascha Macht; Katja Stopka: Schreiben lernen im Sozialismus. Das Institut für Literatur Johannes R. Becher. Göttingen 2018, S. 447 und 566. Die Erzählung setzt sich anhand eines Arbeitstages des Lokomotivführers Jargosch mit der Umweltzerstörung in der Folge industriellen Tagebaus auseinander. Der 1978 entstandene Text ging in überarbeiteter Variante unter dem Titel „Dinosaurus“ in den Erzählungsband „Glashaus“ (1988) ein. Als zweite Prüfungsleistung hatte sie einen Essay über Katherine Mansfield eingereicht. |
↑3 | Angela Krauß: Eine Art Exterritorium auf dem Gebiet der DDR, in: Sächsische Zeitung 14/46, 17.1.1991, S. 7. Zitiert nach Isabelle Lehn; Sascha Macht; Katja Stopka: Schreiben lernen im Sozialismus. Das Institut für Literatur Johannes R. Becher. Göttingen 2018, S. 402. |