Arne Born: „Literaturgeschichte der deutschen Einheit 1989–2000. Fremdheit zwischen Ost und West“
Wie werden der Umbruch 1989/90, die „Wende“, und der folgende deutsch-deutsche Vereinigungsprozess in der Literatur reflektiert? Das ist die Frage von Arne Borns „Literaturgeschichte der deutschen Einheit 1989–2000“. Steffen Martus brachte sie in seiner Rezension in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in die Form eines „Gedankenexperimentes“: „Wie würde die Vergangenheit aussehen, wenn uns als Quellen nur Texte von Schriftstellern zur Verfügung stünden?“[1]Steffen Martus: Ein Blick über den Raubtiergraben, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2019, S. 10 Borns Antwort: Die Literatur erzählt eine Geschichte der „Fremdheit zwischen Ost und West“. In 74 Einzelanalysen zeichnet er diese Fremdheitserfahrungen nach: von Volker Braun und Thomas Brussig, Günter Grass und Jan Groh über Monika Maron und Heiner Müller, Thomas Rosenlöcher und Peter Rühmkorf bis Bernd Wagner und Christa Wolf. Born fragt zum einen: Welches Bild von der „deutschen Wiedervereinigung“ vermittelt die Literatur? Zum zweiten: Wie prägte sie in den damaligen Debatten dieses Bild mit? Reproduziert und verstetigt sie die Fremdheitsmuster oder gelingt es ihr, diese bewusst zu machen und aufzubrechen? Borns „literaturhistorische Mentalitätsgeschichte“ vergegenwärtigt luzide die Ost-West-Debatten der 1990er Jahre. Sie zeigt, wie wechselseitige Fremdheitserfahrungen und Ost-West-Stereotype die Wahrnehmung der Konflikte und Verwerfungen des Vereinigungsprozesses prägten und bis heute fortwirken.
Borns „Literaturgeschichte der deutschen Einheit 1989–2000. Fremdheit zwischen Ost und West“, 2019 im Wehrhahn Verlag erschienen, wurde jetzt vom Verlag Sol et Chant als Studienausgabe neu herausgebracht.
References
↑1 | Steffen Martus: Ein Blick über den Raubtiergraben, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.11.2019, S. 10 |
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Literatur in der SBZ/DDR. Bibliographische Annalen 1945–1990
Als eine zentrale Quelle für Veröffentlichungen von Autor*innen in der DDR nutzen wir im Projekt die „Bibliographischen Annalen“ zur Literatur in der SBZ/DDR. Diese verzeichnen mit dem Anspruch der Vollständigkeit die in der SBZ/DDR von 1945 bis 1990 veröffentlichte belletristische Literatur, einschließlich literarischer und kultureller Zeitschriften sowie ausgewählter literaturwissenschaftlicher Arbeiten. Die „Annalen“ wurden Ende der 1970er Jahre von einer Arbeitsgruppe am Zentralinstitut für Literaturgeschichte der Akademie der Wissenschaften der DDR unter der Leitung von Herbert Jacob begonnen und nach 1990 an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften fortgeführt. 2021 erschien die neue Ausgabe bei de Gruyter: rund 44.000 Titel aus fünfundvierzig Jahren, jahresweise nach Gattungen geordnet, in sechs Bänden mit knapp viertausend Seiten, dazu zwei Registerbände.
(mehr …)(Netzwerk-)Visualisierungen als biographische Sinnstiftung
Präsentation auf der Jahrestagung des Forschungsschwerpunkts digitale_Kultur “Digitale Hermeneutik: Maschinen, Verfahren, Sinn”, am 29. Juni 2022 an der FernUniversität in Hagen
Wie lassen sich mit “Visualisierung[en] komplexer Datenstrukturen neue erkenntnisleitende Ziele und Fragen”[1]Almut Leh, Eva Ochs: Digital Humanities und biographische Forschung. Positionsbestimmungen und Analysen, in: BIOS. Zeitschrift für Biographieforschung, Oral History und Lebensverlaufsanalysen 30. … Continue reading generieren? Auf der Jahrestagung des Forschungsschwerpunkts digitale_Kultur “Digitale Hermeneutik: Maschinen, Verfahren, Sinn” an der FernUniversität in Hagen stellten Jörn Kreutel und Thomas Möbius vor, wie auf der Forschungsplattform Visualisierungen als Mittel für biographische Darstellungen eingesetzt werden können und welche Sinnstiftungen sie für die betrachteten Biographien implizieren. Im Zentrum stand zum einen die Frage, was Visualisierungen auf den ersten Blick zu zeigen imstande sind, was sie verbergen und wie ggf. das Verborgene durch die Nutzer*innen einer Visualisierungsoberfläche zugänglich gemacht werden kann. Zum zweiten ging es darum, wie im Blick auf die zugrunde liegenden Quellen biographische Narrative dekonstruiert und Selektionen transparent gemacht werden können.
(mehr …)References
↑1 | Almut Leh, Eva Ochs: Digital Humanities und biographische Forschung. Positionsbestimmungen und Analysen, in: BIOS. Zeitschrift für Biographieforschung, Oral History und Lebensverlaufsanalysen 30. Jg. (2017), Heft 1/2: Digital Humanities und biographische Forschung, S. 3-6, hier: S. 4 |
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Kurzporträt: Florian Kokot
Gewiss ist es etwas Außergewöhnliches, wenn Vater und Sohn, zeitlich versetzt und unabhängig voneinander, ihre Schreibausbildung an derselben Institution erhalten: Florian Kokot studierte von 1973 bis 1976 am Becher-Institut in Leipzig; 33 Jahre später sein Sohn Sascha dort unter gesamtdeutschen Verhältnissen. Da der Schriftsteller Florian Kokot bereits 2016 verstarb, übernahm sein Sohn, mehrmals prämierter Autor und Fotograf, freundlicherweise die Beantwortung des Fragebogens, womit ich ihm hiermit sehr für die Unterstützung bei unserer Forschungsarbeit danke.
(mehr …)Möglichkeiten für Datenzugriff und Visualisierung
Die in die Plattform integrierten Funktionen für Datenzugriff und Visualisierung bieten verschiedene Formen analytischer Zugänge zu den erfassten Datenbeständen. Mit ihnen werden sowohl niedrigschwellige Zugänge ohne vertiefte IT-Kenntnisse als auch avancierte quantitative Analysen ermöglicht. Sie erlauben zudem die Verbindung von quantitativen Verfahren mit qualitativen Betrachtungen auf mehreren Ebenen.
Der folgende Beitrag gibt einen Einblick in die Nutzungsmöglichkeiten der Plattform, die derzeit innerhalb des Projekts zur Verfügung stehen und langfristig öffentlich zugänglich gemacht werden sollen.
(mehr …)Fundstück: Thomas Rosenlöcher und „Das Wunder, das zu Fuß ging“
Im Projektseminar „DDR-Literaturgeschichte aus Quellen“, das im Sommer 2021 von Birgit Dahlke an der Humboldt-Universität zu Berlin geleitet wurde, erstellten Studierende Essays zu einzelnen Quellen aus der DDR-Literaturgeschichte. Eine dieser Arbeiten stellen wir hier in gekürzter Fassung vor.
Am 8.10.1982 legt der 35-jährige Autor Thomas Rosenlöcher sein vorläufig mit „Das Wunder, das zu Fuß ging“ betiteltes Buchprojekt dem Schriftstellerverband der DDR zum Gutachten vor. Es handelte sich hierbei um eine Sammlung von kurzen Prosastücken.
(mehr …)Forschungsaufenthalt im Literaturhaus Magdeburg
Wer weiß schon, dass die sachsen-anhaltinische Landeshauptstadt Magdeburg, die den Beinamen „Ottostadt“ trägt, auch zu Recht den „Ruf einer Bücherstadt“[1]Liane Bornholdt: Literaturhausbesuch. Hrsg.: Literaturhaus Magdeburg, Magdeburg 2007. innehat? Bereits ein kleiner Rückblick in die Kultur- und Literaturgeschichte von Stadt und Region unterstreicht dies:
(mehr …)References
↑1 | Liane Bornholdt: Literaturhausbesuch. Hrsg.: Literaturhaus Magdeburg, Magdeburg 2007. |
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